Montag, Februar 13, 2012

Yoga - auf einmal so kontrovers diskutiert

Hallo Zusammen, 

Anfang Januar sorgte der in der New York Times erschienene Artikel "How Yoga Can Wreck Your Body" ("Wie Yoga Deinen Körper zugrunde richten kann") in der hiesigen Yoga Community für ziemliches Aufsehen. 
Der Verfasser William J. Broad weist in diesem Artikel auf die "immensen Verletzungsgefahren" hin, wenn man es - wie er es so schön ausdrückt - falsch macht. Und seiner Meinung nach machen es alle falsch: Lehrer wie Schüler. 
Das sorgte natürlich für Aufregung. Die ansonsten doch recht entspannte Iyengar Community stand im wahrsten Sinne des Wortes "Kopf"! 
Da wurden Leserbriefe (bis heute wurde der NYT-Artikel über 700-Mal kommentiert!) geschrieben, dass es nur so schepperte. 
Vollkommen aus der Seele spricht mir da natürlich der Leserbrief von Christopher Beach, President der "Iyengar Yoga National Association of the United States (IYNAUS)", in dem er darauf hinweist, dass Iyengar Yoga sehr hohe (Ausbildungs-) Standards setzt und kein Schüler in eine Pose "gezwungen" wird, wenn er aus der dieser keinen Nutzen ziehen kann oder die gar verletzungsfördernd sei. 
Und das war nur eines von vielen Argumenten und eine von vielen Gegenstellungnahmen.

Leider hat das deutsche Magazin "Eat Smarter" nichts anderes zu tun, als auf den Zug des Herrn Broad aufzupringen und Yoga als eine gefährliche "It-Sportart" zu verunglimpfen.
Da wurde nichts recherchiert, sondern Herr Broads Artikel nur absolut unreflektiert nachgeplappert!
Das schrie geradezu nur nach einem Leserbrief von meiner Seite!


Und das ist meine Stellungnahme dazu: 

So einfach ist das alles nicht!
Die Frage ist nicht, ob Yoga "gefährlich" ist oder nicht!
Die Frage ist, ob der Körper des Yoga-Praktizierenden für den von ihm ausgewählten Yoga Stil geeignet ist oder nicht. Wenn jemand seinen Körper mit Gewalt an seine Grenzen bringt, dann läuft er Gefahr sich zu verletzen!
Und das gilt für alle Sportarten!!

William Broad's Artikel "How Yoga Can Wreck Your Body" hat in USA in den verschiedensten Yoga Communities für Aufruhr gesorgt und wird nun leider auch hier ebenso unreflektiert dargestellt.
Noch dazu muss man erwâhnen, dass Herr Broad gerade sein Buch "The Science of Yoga" veröffentlicht hat und sein kontroverser Artikel in der New York Times war sicherlich die beste Werbung dafür.

An dieser Stelle möchte ich auch auf einige Stellungnahmen zu dem von Ihnen angeführten Artikel von Herrn Broad verweisen (und es gibt noch zahlreiche andere Stellungnahmen!):
* Christopher Beach, President der Iyengar Yoga National Association of the United States:
* John Schumacher, senior Iyengar Yoga teacher, responds to the New York Times article discussing possible dangers of yoga.
* Huffington Post: Can Yoga Wreck Your Body? Absolutely! It Can Also Save Your Life

Sie sprechen in Ihrem Artikel von Yoga als "It Sportart".
Auf was für eine Art von Yoga beziehen Sie sich denn?
Hatha Yoga? Bikram Yoga? Anusara Yoga? Lach Yoga? Shivamukti Yoga? Iyengar Yoga? Ashtanga Yoga? Vinyasa Flow Yoga? Kundalini Yoga? Tri Yoga?
Und so unterschiedlich die verschiedenen Yoga Stile sind, so unterschiedlich sind auch die Ansprüche und die Bedürfnisse der Yoga Praktizierenden.
Der eine ist zufrieden, bei einer Raumtemperatur von 38 Grad Celsius 60 Minuten lang zu schwitzen und die immer gleiche Abfolge von 26 Posen zu praktizieren; ein anderer liebt die schon fast akrobatisch anmutenden Elemente des Ashtanga Yogas, hingegen ein Dritter an der Präzision und Ausdauer seiner Asanas arbeitet und gut und gerne 10 Minuten einen frei im Raum stehenden Kopfstand macht, ohne sich dabei auch nur einen Halswirbel zu stauchen.

Ein Anfänger sollte also immer erstmal die für ihn richtige Yoga Art finden - und das ist nicht einfach!

Will man sich "nur" sportlich betätigen oder interessiert man sich auch für die spirituelle Ebene (denn einige Yoga Stile gehen auch intensiv auf die philosophischen Aspekte ein und ein echter Yogi lebt nach diesen Prinzipien!)?

Jeder, der sich für Yoga interessiert, sollte auf jeden Fall vor Beginn der Yoga Stunde kurz mit dem Lehrer sprechen und diesen auf ggf. vorhandene und zurückliegende Verletzungen und/oder körperliche Probleme (Bluthochdruck etc.) hinweisen. Ein gut ausgebildeter Lehrer sollte somit in der Lage sein, weitere Verletzungen zu vermeiden - und noch besser: dem Schüler zu besserem Wohlbefinden verhelfen!
Ein guter Yoga Lehrer erkennt die Stärken und Schwächen seiner Schüler und zwingt normalerweise seinen Schüler nicht in Asanas, für die dieser (und sein Körper) noch nicht bereit sind.
Manche Yoga Stile (z.B. Iyengar) verwenden Hilfsmittel wie Holzklötze, Stühle, Gurte etc., damit die Pose so auf die individuellen Bedürfnisse des Schülers angepasst werden kann, dass dieser sich nicht verletzt.
Zudem weiss ein gut ausgebildeter Yoga Lehrer um das Yoga-Prinzip "ahimsa", das soviel wie "Nicht Verletzen bedeutet.

Wie findet man einen gut ausgebildeten Lehrer?
Auch das ist schwierig.
Jeder Yoga Stil hat seine eigene Ausbildung.
Manch einer nennt sich "zertifierter Yoga Lehrer", obwohl er "nur" einen 4-wöchigen Intensivkurs besucht hat.
Manche Yoga Arten bedürfen einer bis zu 2-jährigen intensiven Ausbildung. Und selbst dann haben sich die Lehrer noch jahrelang weiteren Zertifizierungsprozessen zu unterziehen.
Auch hier sollte sich Yoga-Interessierte vor Beginn seines "Trainings" informieren.

Richtig ist, dass "Ehrgeiz"bei einem jeden Yoga- Praktizierenden nichts zu suchen haben sollte!
Yoga ist kein Konkurrenzsport.
Im Gegenteil - Yoga praktiziert man nur für sich selbst.
Auch hier kommt eines der Yamas (ein Prinzip des achtfachen Yoga-Pfades) zum Einsatz: "Asteya", was soviel wie "Nicht-Stehlen" bedeutet.
Für die eigene Yoga Routine sollte das bedeuten, dass man sich nicht mit anderen misst und lernt, das eigene Ego in den Hintergrund zu stellen.

Als echter Yogi versteht man Yoga nicht als Sport (und schon gar nicht als "It-Sportart"!).
Yoga ist ein Lebensstil - es geht nicht nur um Asanas.
Yoga bringt den Körper, den Geist und die Seele in Einklang.
(vgl. Patanjalis Yoga Sutra 1.2: "Yoga ist jener innere Zustand, in dem die seelisch-geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen").

Namaste!

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Anzumerken sei hierbei noch, dass das von "Eat Smarter" ausgewählte Bild der "Downward Facing Dog"-Pose (Adho Muka Shvasana, Der nach unten schauende Hund) schon totaler Humbug ist.
Quelle: http://eatsmarter.de/magazin/thema-des-tages/gefaehrlichen-nebenwirkungen-yoga.html
Der Rücken darf nicht so gekrümmt sein, die Arme sollten durchgestreckt sein. 

So sollte die Pose aussehen, wenn man sie richtig macht: 
Quelle: http://www.yogajournal.com/poses/491
Kleine Anleitiung hierzu: 
  1. Der Körper bildet einen rechten Winkel, bei dem das Gewicht gleichmäßig auf Hände und Füße verteilt ist. 
  2. Die Füße stehen hüftbreit auseinander, die Beine sind gestreckt wie in Tadasana (Mountain Pose); die Kniescheiben werden hochgezogen und die Fersen Richtung Boden bewegt.
  3. Die Schienbeine drücken nach hinten.
  4. Die Sitzknochen sind nach oben gestreckt. Das Steißbein geht Richtung Fersen.
  5. Der untere Bauch wird nach innen und oben gezogen.
  6. Die freien Rippen werden nach innen bewegt.
  7. Die Schulterblätter werden von den Ohren und der Wirbelsäule weggezogen.
  8. Die Hände sollten in den Boden gedrückt werden, die Finger sind gespreizt.
  9. Die Ellbogen sind gestreckt und werden zu den Schultern gezogen.
  10. Das Kinn zeigt Richtung Brustbein, der Nacken ist lang und entspannt. Der Blick ist auf den Nabel oder zwischen die Füße gerichtet.
Nun fragen sich einige von Euch sicherlich: "Und was bringt mir nun diese Pose?"
Auch das ist schnell beantwortet: 


Adho Muka Shvasana 
- regt den Energiefluss an, beseitigt Müdigkeit
- stärkt die Fersen und Knöchel;
- beseitigt Steifheit in den Schultergelenken und öffnet die Schulterblätter;
- verlangsamt den Herzschlag;
- durch die Umkehrhaltung und den angeregten Blutkreislauf wird das Gehirn verstärkt mit Blut versorgt;
- bereitet auf andere Umkehrhaltungen vor.



Vorsicht:
Die Übung kann strapaziös für schwache Handgelenke sein Die Füße müssen richtig belastet sein, damit die Fußaußenseiten und die Knöchel keinen Schaden nehmen. Modifizierungen mit Holzblöcken und/oder mit Hilfe der Wand sind möglich.

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